Rechtliche Fragestellungen öffentliche Beleuchtung

Diese Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellen keine rechtsverbindliche Auskunft dar. Sie basieren in der hohen Fachkompetenz und langjährigen Erfahrung der Mitglieder des Hessischen Netzwerk gegen Lichtverschmutzung. Die Informationen werden fortgeschrieben. Stand der Information: Januar 2024. Weiterführende Informationen zu unterschiedlichen Beleuchtungsthemen sowie Planungshilfen etc. stehen zur Verfügung auf www.lichtverschmutzung-hessen.de oder können angefordert werden: kontakt@lichtverschmutzung-hessen.de 

Gibt es in Hessen eine Beleuchtungspflicht für öffentliche Straßen?

Das Hessische Straßengesetz (HStrG) sieht wie die meisten deutschen Landesstraßengesetze weder eine Beleuchtungspflicht noch eine Pflicht zur Installation von Beleuchtung als Aufgabe des Straßenbaulastträgers (Betreiber der Straße, z.B. Kommune) vor (§ 9 HStrG). Allerdings sind Umweltbelange wie z.B. natur- und immissionsschutzrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen. Straßen sind in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, auszubauen und zu unterhalten und bedürfen in der Regel keiner Beleuchtung. Soweit der Baulastträger zum Erhalt des ordnungsgemäßen Zustands außer Stande ist, ist auf den nicht verkehrssicheren Zustand durch Verkehrszeichen hinzuweisen. Der Begriff „Beleuchtung“ wird im Hessischen Straßengesetz an keiner Stelle erwähnt, so dass sie nach dem HStrG keiner Beleuchtung bedürfen (Ausnahme: Beleuchtung von Fußgängerüberwegen nach VwV-StVO zu §26).

Ausnahmen gibt es den Straßengesetzen der Bundesländer Bayern, Berlin, Sachsen und Baden-Württemberg. Für Kommunen in diesen Bundesländern besteht eine innerörtliche Sollvorschrift jedoch in der Regel nur soweit Beleuchtung dringend erforderlich und finanziell zumutbar ist.

Welche kommunalen Beleuchtungspflichten ergeben sich aus der Straßenverkehrsordnung StVO?

Die Straßenverkehrsordnung schreibt eine Beleuchtungspflicht einzig für Fußgängerüberwege (Zebrastreifen), vgl. § 26 bzw. VwV-StVO zu § 26 sowie für Fahrzeuge (§§ 17, 23) vor. Auf Gefahrenstellen ist seitens des Straßenbetreibers durch Verkehrszeichen (Schilder) hinzuweisen (§§ 39, 40 StVO). Zur Kennzeichnung von Straßenbeleuchtung die nachts abgeschaltet wird sieht Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO das Zeichen 394 („Laternenring“) vor. 

An Straßenbahnhaltestellen können sich Beleuchtungspflichten aus der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung - BOStrab) ergeben. 

Was ist die Verkehrssicherungspflicht?

Die Verkehrssicherungspflicht ist keine eigenständige gesetzliche Bestimmung. Sie verpflichtet allgemein zur gesteigerten Sorgfalt im öffentlichen Raum und zur Beseitigung von (geschaffenen) Gefahrenquellen, was unterschiedlichste Maßnahmen umfassen kann. Hinweise auf die gesteigerten Sorgfaltspflichten aller Verkehrsteilnehmenden findet man in der StVO unter den §§ 1, 3 und 25 (Fußgänger), wonach sich alle Verkehrsteilnehmende rücksichtsvoll und eigenverantwortlich auf die sich darbietenden Wege-, Sicht- und Wetterverhältnisse einzustellen und das Verhalten dementsprechend anzupassen haben. Dabei sind Dunkelheit und Nässe erwartbare Bedingungen natürlicher Art und keine Gefahrenquellen, die zu beseitigen sind. D.h., wer am Straßenverkehr teilnimmt, hat die Verantwortung dafür zu tragen, dass er gem. § 17 StVO sein Fahrzeug oder Fahrrad mit den entsprechenden Beleuchtungsanlagen ausstattet. Fußgänger kommen ihrer Sorgfaltspflicht insofern nach, dass sie z.B. eine Taschenlampe mit sich führen und sich den Gegebenheiten entsprechend vorsichtig bewegen.

Die öffentlich-rechtliche Verkehrssicherungspflicht verpflichtet den Straßenbaulastträger nur zur Instandhaltung der Fahrbahn und zur Absicherung und Beseitigung von geschaffenen Gefahrenstellen (z.B. Baugrube, Straßenschäden, Räumung nach Unwetter, Schnee und Eis). Dunkelheit, Nässe und Nebel sind natürliche Gegebenheiten und keine regelwidrigen Zustände. Daher zählen sie nicht zu den „geschaffenen“ Gefahrenquellen, die es per se zu beseitigen gilt. Nur, wenn ein aufmerksamer und sorgfältiger Verkehrsteilnehmer trotz Fahrzeugbeleuchtung, angemessener Geschwindigkeit und Anpassung an die sich darbietenden Verhältnisse eine unerwartet auftauchende Gefahrenquelle trotz bestmöglicher Sorgfalt nicht erkennen könnte, kann u. U. eine zusätzliche Beleuchtung als eine verkehrssichernde Maßnahme angezeigt sein. In diesem Fall ist dies eine einzelfallbezogene verkehrssichernde Maßnahme.

Für die Beseitigung konkreter Gefahrenstellen stehen verschiedene verkehrssichernde Maßnahmen zur Verfügung - z.B. passive Schutzmaßnahmen, wie die Prüfung möglicher Streckenalternativen und bauliche Anpassungen, die Beseitigung von Gefahren durch verkehrsregelnde Maßnahmen (z.B. Geschwindigkeitsbeschränkungen), die Verwendung besser sichtbarer Straßen-/Wegbeläge, die Anbringung von gut sichtbaren Farbmarkierungen, Warnzeichen und Reflektoren (z.B. Anlage 4 zu § 43 Abs. 3 StVO). Im Fazit kann eine durchgehende und dauerhafte Beleuchtung nicht mit der Verkehrssicherheit begründet werden. D.h. wenn die Verkehrssicherungspflicht als Begründung für Beleuchtung angeführt wird, sind i.d.R. eher Komfortansprüche und Gewohnheit gemeint. Technische Regelwerke und Industrie-Normungen wie die DIN EN-13201 (DIN) sind nicht Inhalt der Verkehrssicherungsplicht. Entsprechend finden sich im Bußgeldkatalog bzgl. Beleuchtung nur Verstöße gegen § 17 StVO (Beleuchtungseinrichtungen der Fahrzeuge).

Ausführlich hierzu: Herkner, W. Weniger Licht! Straßenlaternen zwischen Umweltschutz und Verkehrssicherung. NuR 45, 603–613 (2023).  (kostenpflichtig)

Worauf begründet sich die öffentliche Beleuchtung?

Darüber hinaus liegt es weitgehend im Ermessen der Kommunen, ob, wie und in welchem Umfang im Rahmen der Gesetze Straßen und Gehwege beleuchtet werden. Im Hinblick auf das in Art. 28 Grundgesetz verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltungsrecht handeln die Gemeinden bei der Aufgabenwahrnehmung nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen; z.B. im Rahmen der Daseinsvorsorge – hierzu kann auch eine Beleuchtung zählen. Das bedeutet aber auch, dass die Kommunen als Straßenbaulastträger einen großen Handlungsspielraum haben und viel künstliches Licht vermeiden können, da Umweltbelange zu berücksichtigen sind (siehe Straßengesetze der Länder). Auch das Hessische Naturschutzgesetz fokussiert mit §4 HeNatG "Schutz von Lebewesen vor Beleuchtung" und §35 HeNatG "Schutz von lichtempfindlichen Tier- und Pflanzenarten sowie Insekten" auf die Vermeidung von künstlichem Licht. In der Planung kann dies bedeuten, dass z.B. lichtunabhängige Alternativen (s.o.) oder die Installation einer Gehwegbeleuchtung anstelle einer Fahrbahnbeleuchtung bevorzugt werden, um unnötig große beleuchtete Flächen zu vermeiden, die sonst Kosten und Umweltbelastungen erhöhen. Die teilweise oder komplette Abschaltung der öffentlichen Beleuchtung z.B. in den nächtlichen Kernstunden wird durch das Verkehrszeichen 394 (roter Laternenring) angezeigt. Siehe auch Nachtabschaltung.

Was versteht man unter Normungen/technischen Regelwerke wie der Industrienorm DIN EN-13201?

Da mit Ausnahme der Beleuchtung von Fußgängerüberwegen (§ 26 StVO) keine gesetzliche Beleuchtungspflicht im Straßenverkehr besteht, gibt es auch keine gesetzlichen Vorgaben, WIE die Straße zu beleuchten ist. Hier werden oft die DIN-EN 13201 Normen herangezogen. Die DIN-Norm ist jedoch per Definition ein privates Regelwerk mit Empfehlungscharakter des privatwirtschaftlich organisierten Vereins „Deutsches Institut für Normung“. Das Norm setzende Gremium des DIN finanziert sich im Wesentlichen aus dem Verkauf von Normen, anderen Verlagsprodukten und Dienstleistungen. Zitat von der Webseite: „Die Anwender sorgen durch den Kauf von Normen dafür, dass die privatwirtschaftliche Organisation der Normungsarbeit erhalten bleibt. Die Arbeit von DIN wird zu rund 75 Prozent durch den Verkauf von Normen und Mitgliedsbeiträge finanziert.“ https://www.din.de/de/ueber-normen-und-standards/kaufen „Während Gesetze durch staatliche Gremien erarbeitet und durch Steuergelder finanziert werden, arbeitet die DIN rein privatwirtschaftlich – daher muss die Norm käuflich erworben werden“ siehe https://www.din.de/de/ueber-normen-und-standards/kaufen. Die Kosten für die DIN-EN 13201 Normenreihe liegt aktuell bei ca. 540 €. Des Weiteren: https://www.din.de/de/ueber-normen-und-standards/normen-und-recht/rechtsverbindlichkeit-durch-normen: „Die Anwendung von Normen ist grundsätzlich freiwillig. Normen sind nicht bindend, das unterscheidet sie von Gesetzen.“  

Was ist der „Stand der Technik“ im Gegensatz zum „Stand der Wissenschaft und Technik“?

Die DIN wird oft umgangssprachlich als „Stand der Technik“ bezeichnet. Dieser Begriff wird jedoch nicht einheitlich verwendet. Eine gesetzliche Definition des „Standes der Technik“ findet sich in § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber mit dieser Definition die neuesten technischen Erkenntnisse zum Schutz der Umwelt in der Praxis nutzbar machen wollte. 

Von den „anerkannten Regeln der Technik“ zu unterscheiden sind der „Stand der Technik“ und der „Stand von Wissenschaft und Technik“. Die strengste Technikklausel ist der „Stand von Wissenschaft und Technik“. Das Anforderungsprofil orientiert sich an den neuesten technischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen (z.B. ökologische Auswirkungen). Die „anerkannten Regeln der Technik“ hingegen verlangen die Einhaltung dessen, was sich bisher in der Praxis bewährt hat, aber unter Umständen einen veralteten Stand darstellen kann, zumal die derzeitigen DIN-Regeln auf dem inzwischen veralteten Stand der Technik der Quecksilberleuchtmittel ausgerichtet sind (siehe Verordnung - 2019/2020 - EN - EUR-Lex (europa.eu) und neuere Vorschriften wie z.B. jene des Bundesnaturschutzgesetzes (Vermeidungs- und Vorsorgeansatz) oder die Leistungsfähigkeit moderner Autoscheinwerfertechnik nicht berücksichtig werden. D.h. die derzeitige DIN ist womöglich nicht geeignet, den „Stand der Wissenschaft und Technik“ zu beschreiben. Siehe hierzu KomNet - Was ist der Unterschied zwischen "Stand der Technik", "Stand der Wissenschaft und Technik" und dem "anerkannten Stand der Technik"? (nrw.de).  Die Sinnhaftigkeit der DIN EN 13201 kann auch vor diesem Hintergrund in Frage gestellt werden, da die geforderten Mindestwerte in vielen Kommunen Deutschlands ohnehin problemlos nicht eingehalten werden. 

Insbesondere im ländlichen Raum führt die unkritische Anwendung der DIN-Norm in der Regel zu einer exzessiven Überbelichtung mit massiven negativen Auswirkungen auf die Umwelt, siehe hierzu: https://lightingjournal.org/index.php/path/article/view/122/116

Wie „funktioniert“ die DIN EN-13201 für die Straßenbeleuchtung?

DIN-Normen kennt man vor allem für die standardisierte Größe von z.B. Papier. Im Zusammenhang mit Straßenbeleuchtung gestaltet sich die Situation hingegen komplexer. Hier besteht keine Standardisierung und es fehlen gesetzliche Verweise in der StVO (außer Zebrastreifen) oder Straßengesetzen der Bundesländer. Die DIN EN 13201 unterteilt sich in unterschiedliche sog. Gütekriterien für u.a. verschiedene Straßen-Geometrien, erlaubten Geschwindigkeiten und Verkehrsdichten. Diese Kategorien (M, C, P) sind wiederum in verschiedene Beleuchtungsklassen mit unterschiedlichen Beleuchtungsstärken oder Leuchtdichten unterteilt. Beispiel: Für Fußwege, Anwohnerstraßen etc. gilt die Klasse P mit unterschiedlichen Beleuchtungsstärken von P1 (15 lx) bis P 6 (2 lx) sowie P 7 (unbestimmt). Die DIN-Norm legt jedoch selbst keine Kriterien für die Beleuchtung fest. Kapitel 1 Anwendungsbereich der DIN 13201-1:2021-09 besagt: "Dieses Dokument legt keine Kriterien fest, nach denen zu entscheiden ist, ob eine Verkehrsfläche zu beleuchten ist oder wie eine Beleuchtungsanlage zu verwenden ist." Daraus ergibt sich ebenfalls, dass Kommunen einen großen Handlungsspielraum bei der Entscheidung über den Umfang der Beleuchtung haben; z.B. welche Flächen beleuchtet werden sollen. Fast regelmäßig werden Umweltbelange und der Schutz der Menschen vor übermäßiger Beleuchtung bei diesen Planungen nicht berücksichtigt, da sie rein technisch ausgelegt sind. Das Hessische Straßengesetz fordert jedoch die Berücksichtigung auch dieser Schutzgüter ein. Alternativen wie lichtunabhängige Lösungen wie z.B. aufgeführt in Anlage 4 zu § 43 Absatz 3 StVO bzw. die Planung einer Gehweg- statt Fahrbahnbeleuchtung werden nicht vorangestellt, obwohl dies für die Umsetzung naturschutzfachlicher Anforderungen notwendig wäre. Die DIN kann zwar grundsätzlich als Orientierungsgrundlage zur Einstufung einer Beleuchtungsplanung dienen. Jedoch birgt ihre Auslegung die Gefahr, dass sie von Anbietenden und Auslegenden als vermeintlich verbindlich interpretiert wird und durch den Interpretationsspielraum in den Auswahlparametern die Beleuchtungsplanung viel zu überdimensioniert ausgelegt wird. Zu hohe Anforderungen an die Gleichmäßigkeit führen zudem zu einer übermäßigen Anzahl an Lichtpunkten, zu hohen und schweren Masten und dem Einsatz hoher Lichtströme. 

Dies kann wiederum zu Problemen hinsichtlich der Standsicherheit (Unfallgefahr), zu breit strahlenden Immissionen und zur rückwärtigen Strahlung führen, welche das Straßenbild ungünstig prägen. All dies führt zu hohen Kosten in der Anschaffung und im laufenden Betrieb obwohl oftmals eine Gehweg- statt Fahrbahnbeleuchtung ausreichend ist. Oftmals erfolgt die Lichtplanung mit Hilfe von Computer-Programmen am Schreibtisch ohne die Umgebung und das Gelände vor Ort zu berücksichtigen, was ebenfalls in vielen Fällen zum beschriebenen Übermaß und Störung von Anwohnern und der Umwelt führt. 

Bezüglich der DIN ein Zitat aus: Leitfaden zur Neugestaltung und Umrüstung von Außenbeleuchtung-anlagen (bfn.de): „Die Vorgaben der DIN EN 13201 stellen keine eigenständigen rechtlich verbindlichen Pflichten dar, sodass ein Unterschreiten der Mindestwerte der Beleuchtungsstärke allein keinen Rechtsverstoß verursacht. Vielmehr kann eine reduzierte Helligkeit aus Gründen des Naturschutzes rechtlich erforderlich sein“ (s. o. und Landesstraßengesetze). 

Auch gegenüber Förderstellen wie der Z-U-G kann argumentiert werden, dass gem. den Landesgesetzen die Umweltbelange (wie z.B. in Hessen das Vermeidungsgebot gem. § 4 HeNatG) zu berücksichtigen sind. 

Setzen sich Kommunen einem erhöhten Haftungsrisiko beim Unterschreiten der DIN aus?

Vorab: Trotz intensiver Recherche sind den Autoren keine Fälle bekannt. Es gibt jedoch immer wieder Behauptungen seitens Planender oder Anbietender von Beleuchtungslösungen, Kommunen seien zur Beleuchtung verpflichtet und könnten ein Haftungsrisiko eingehen oder es gäbe entsprechende Urteile. Doch mit welcher Begründung, wenn es so gut wie keine gesetzlichen Beleuchtungspflichten gibt, die Verkehrssicherungspflicht in erster Linie beim Verkehrsteilnehmer selbst liegt bzw. sich nur auf konkrete Einzelfälle bezieht, denen mit unterschiedlichen Maßnahmen begegnet werden kann und die DIN keine eigenständige rechtlich verbindliche Pflicht darstellt? In Kapitel 1 der DIN wird selbst darauf hingewiesen, dass die DIN keine Kriterien festlegt, nach denen zu entscheiden ist, ob eine Fläche überhaupt beleuchtet werden muss. Entsprechend können sich solche Behauptungen auch auf nicht auf entsprechende Urteile stützen – siehe https://www.strassenbeleuchtung.de/index.php/technik/sonstiges/gerichtsurteile und Fußnote 1.  Wissenschaftlich-empirisch gesicherte Erkenntnisse, dass eine Beleuchtung oder Nichtbeleuchtung der Fahrbahn, große Abstände zwischen den Masten oder das Abschalten jeder 2. Leuchte (die als angeblich „problematischen hell-dunkel-Bereiche“) überhaupt zu einer Reduzierung von Verkehrsunfällen führt, sind nicht vorhanden. Vielmehr ist zu bedenken, dass falsche oder überdimensionierte Beleuchtung blendend wirken kann oder auf nassen Straßen spiegelt. Belegt sind dagegen Kollisionen mit Laternenmasten mit teils fatalen Folgen. 

Bezüglich der DIN ein Zitat aus Leitfaden zur Neugestaltung und Umrüstung von Außenbeleuchtungsanlagen (bfn.de)

"Die Vorgaben der DIN EN 13201 stellen keine eigenständigen rechtlich verbindlichen Pflichten dar, sodass ein Unterschreiten der Mindestwerte der Beleuchtungsstärke allein keinen Rechtsverstoß verursacht. Vielmehr kann eine reduzierte Helligkeit aus Gründen des Naturschutzes rechtlich erforderlich sein.“.

Wird man mit solchen Behauptungen konfrontiert, sollte man stets nach den gesetzlichen Quellen, die explizit eine Straßenbeleuchtung fordern oder Vorlage eindeutiger, aktueller Urteile fragen.

Fazit

Die Kommunen haben im Rahmen der Regelungen ihrer eigenen Angelegenheiten einen großen Handlungsspielraum. Dieser könnte im Sinne des Umwelt- und Anwohnerschutzes wesentlich energie- und ressourcensparender ausgeschöpft werden und eine öffentliche Beleuchtung ermöglichen, die ökologischen Kriterien entspricht, wie es das Hessische Straßengesetz sowie die immissions- und naturschutzrechtlichen Bestimmungen vorsehen. Die Bevölkerung sollte dabei beteiligt werden und dabei auch über die Ausmaße der Lichtverschmutzung informiert werden. 

Anhang 1: Muster - Checkliste und Leitfaden für bessere Beleuchtung als Ergänzung und Auslegungshilfe der Planungshilfe_Sternenpark_OEffentliche_Strassen.pdf (biosphaerenreservat-rhoen.de) Die Einberufung eines Gremiums von Experten aus verschiedenen Bereichen kann sinnvoll sein.

 

[  ]  Bestandsaufnahme der existierenden Beleuchtung inkl. Fotodokumentation (Begehungen bei Nacht)  

 

[  ]  Verkehrszählungen zur bedarfsorientierten Ausrichtung der Beleuchtung und ggf. Einstufung der Beleuchtungsklasse nach DIN*

 

*Ein besonderes Problem stellt hier die in der DIN geforderte Gesamtgleichförmigkeit. Sie erfordert:

- viele Lichtpunkte, was zum Einsatz höherer und überhöhter Lichtströme führt(Energie)

- viele Masten = Unfallgefahr durch Kollisionen?

- hohe Masten = Standsicherheit? = Straßenbild?

             - breitflächige Emissionen = Störung Naturräume

             - rückwärtige Immissionen = Gebäude/Anwohner

 

[  ]  Abend- und nächtliche Begehung:

o   Erfassung Umgebungsbeleuchtung, Erfassung An- und Abschaltzeiten (Dämmerungsschalter)

o   Erfassung von vorhandenen dunklen Flächen und Korridoren zwecks deren Erhalt/Planung


[  ]   Erwägung von Alternativen zur Reduzierung fest installierter Beleuchtung durch angepasste Wegführung, durch Reflektoren, Verwendung von reflektierenden Anstrichen 

       von Stufen und Bordsteinen, um Autoscheinwerferlicht zu nutzen sowie selbstleuchtende Markierungen für Schilder.

 

[  ]  Entscheidung über die zu beleuchtenden Flächen (Fahrbahn- oder Gehweg). Gehwegbeleuchtung mit Bordsteinmarkierung hat gegenüber Fahrbahnbeleuchtung den Vorteil, dass niedrigere Masten und geringere Lichtströme eingesetzt werden können. Zudem entsteht ein höherer Nutzen für Fußgänger.

 

[  ]  Entscheidung über technische Auslegung:

o   Lichtstrommenge (möglichst niedrig – um zu starke Kontraste zu vermeiden, Energieeinsparung)

o   Möglichst geringe Anzahl der Lichtpunkte (mittlere Helligkeitsunterschiede werden von Sehfähigkeit gut ausgeglichen)

o   Lichtlenkung nur nach unten auf die zu beleuchtende Fläche (0 % ULR), Lichtverteilung beachten

o   Farbtemperatur – 1700 bis max. 2200 Kelvin (nicht höher als 2700 Kelvin)

o   Mehrstufige gleichmäßige Absenkungsmöglichkeiten (statt teure und störanfällige Sensoren)

o   Abschaltung, komplett oder teilweise; z.B. in Anwohnerstraßen zu nächtlichen Kernzeiten

 

[  ]  Entscheidung über Auswahl der Leuchten und Bemusterung bei Nacht, keine seitliche Abstrahlung

 

[  ]  Erfassen, welche Leuchten überflüssig sind, z.B. wegen Funktionsverlust – Alternativen?

 

[  ]  Festlegungen zum Umgang mit Anstrahlungen unter Berücksichtigung naturschutzrechtlicher Vorgaben (z.B. Unterlassung von Anstrahlungen von April bis September zur Hauptflugzeit der Insekten und zeitliche Eingrenzung im restlichen Jahr wie festgeschrieben in § 21 Landesnaturschutzgesetz Baden-Württemberg)  

 

[  ]  Erarbeitung Vorgabenkatalog für Bebauungspläne, städtebauliche Verträge, Baugenehmigungen, Ausschreibungen, Förderprogramme (siehe hierzu www.sternenpark-rhoen.de)

 

[  ]   Erarbeitung von Strategien zur Reduktion Lichtimmissionen in der Bestandsbeleuchtung, z.B. Prüfung Notwendigkeit, bessere Ausrichtung, Dimmung, Anbringung Folien, Abschalten, siehe auch Prädikat #lichtbewusstsein der IHK Fulda.

 

[  ]   Beschluss einer Lichtleitlinie, die ökologischen Kriterien folgt, z.B. Muster-Lichtleitlinie_09_2022.pdf (biosphaerenreservat-rhoen.de), Technische Planungshilfen Biosphärenreservat Rhön

[  ]   Erarbeitung Umweltbildung zu Auswirkungen LVS, Nachterlebnisse, Förderung der Astronomie